Argentinien zum Zweiten

Datum: Freitag, 22. November 2019, Position: AirBNB bei Nadia, Ezeiza, Buenos Aires, Argentinien, Stimmung: Gut!

Zum Abschied…

Damit auch alles schön frisch bleibt...
Damit auch alles schön frisch bleibt...

Ihr Lieben, Guten und Besten!


Naja, eigentlich stimmt die Überschrift “Argentinien zum Zweiten” ja nicht so ganz: Erstens sind wir auf dieser Reise schon zwei Mal zuvor nach Argentinien eingereist. Einmal mit unseren Freunden, den M&Ms, als wir für zwei Nächte in Argentinien weilten. Und dann noch einmal, unsere eigene Reise in den Norden, und hinüber bis Iguazú. Und dann eigentlich ja noch einmal vor und nach dem Abstecher nach Uruguay.


Und eigentlich endete auch schon der Eintrag aus Azul, der die letzten Wochen zusammenfasste, bei unserem, den Stempeln in unseren Pässen nach nach gezählt, vierten Aufenthalt in Argentinien.


Trotzdem. Der Abschied naht. Natürlich nicht nur von Argentinien, sondern von diesem ganzen wunderbaren Kontinent, mit seinen unglaublichen, atemberaubenden Landschaften, mit seinen krassen Gegensätzen und Widersprüchlichkeiten, und mit seinen so beeindruckenden Menschen. Und das ist ja dann doch noch einmal eine eigene Rubrik wert, oder?


Seit fast einer Woche wohnen wir nun hier in Ezeiza im Barrio Uno. Der Stadtteil liegt direkt am Flughafen von Buenos Aires, und es ist ganz erstaunlich ruhig hier. 


Wir haben unser komplettes Motorradgepäck einmal umgekrempelt, um Schwierigkeiten mit dem Zoll und der Frachtkontrolle zu vermeiden. Spannend war das. Denn vieles, viel mehr als bei den bisherigen Flugreisen unserer Dicken, war absolut verboten, oder zumindest so unsicher, ob es mit darf, dass wir es besser aussortiert haben. Dafür ist nun unser aufgegebenes Gepäck bei unseren Flügen um so größer. Erstmals haben wir tatsächlich drei Gepäckstücke zum Aufgeben, und zwei Stück Handgepäck, das gerade noch so im Limit sein sollte.


Wir waren bei der Deutschen Botschaft, um unser Carnet de Passages abzuholen. Das ist so etwas wie der Reisepass für unsere Dicke. Man benötigt es in einigen Afrikanischen Staaten, und in vielen anderen wird die Zollabfertigung damit deutlich vereinfacht. Das Heftchen hat den Gegenwert der Kaution, die wir für den Fall von Zollproblemen hinterlegen mussten. Also schickt man das nicht gern mit der normalen Post umher. Schon gar nicht in Südamerika. Heike hat bei der Deutschen Botschaft in Buenos Aires angefragt, und Jörg, ein Mitarbeiter, und selbst passionierter Motorradreisender hat aus uns einen “begründeten Ausnahmefall” gemacht.


So durfte der ADAC, der das Carnet ausstellt, es ans Auswärtige Amt in Berlin schicken, und von dort ging es per diplomatischem Kurier nach Buenos Aires. Uns hat das Nerven, aber auch ein wenig Geld gespart, denn der ADAC sendet zwar ins Ausland, berechnet aber die Kosten dafür, die nicht gering sind. Wir wissen, was internationale Einschreiben kosten, seit wir den Carnetantrag von Brasilien aus nach München geschickt haben: 40 Euro für einen dünnen A4-Brief mit vier Seiten Inhalt. Alter Schotte!


Unsere Dicke haben wir gestern erfolgreich, glatt und ohne jede Schwierigkeit an die Luftfracht übergeben. Zoll-, Schnüffelhund- und Frachtprüfung, Palette, Verzurren und Verpacken in Frischhaltefolie wurden unter den Augen einiger Schaulustiger in weniger als einer Stunde erledigt. Die Schaulustigen waren natürlich alles Cargo- und vor allem Zollmitarbeiter, vielleicht noch ein oder zwei Kunden, denn Normalsterbliche dürfen nicht einfach so in die Halle. Für Heike gab’s ne Rolle Kekse von einem der Mitarbeiter, und allgemein war Bewunderung und Staunen die vorherrschende Stimmung. Kaum ein neutrales oder gar abschätziges Gesicht in der Runde.


Sogar der von allen hier angeblich nicht ganz so gut gelittene Hundeführer war sichtlich gut gelaunt und in Plauderlaune. Wenn er kommt, müssen die hier alles aus- und dann, so gut sie eben können, wieder einpacken. Kein Spaß für die Mannschaft. Er legte eine Decke über den Seitenwagenkotflügel, damit der Hund den nicht zerkratzen solle, was dem Hund aber so gar nicht passte, denn das Ding rutschte natürlich. Als wir ihn baten, die Decke doch besser wegzulassen (schließlich haben wir so schon mehr Kratzer im Lack, als der Hund dem Beiwagen mit seinen Pfoten je beibringen könnte), ging es auch schon viel besser.


Apropos Zugangskontrolle: Sandra und Javier von DakarMotos, die den Flug für unsere Dicke organisiert haben, mussten extra vorab eine Genehmigung für Heike beantragen, Ihren Pass einreichen und so, und dann musste sie noch in ein gesondertes Büro, damit der Mitarbeiter ein aktuelles Foto von Heike machen konnte, und ihr einen Tagespass für die Frachthalle ausstellte.


Nun, jetzt ist unser Mopped (so gut wie) unterwegs, und morgen früh machen auch wir selbst uns auf den Weg. Übermorgen, nach runden 24 Stunden Reisezeit und zwei mal Umsteigen sollen wir in Kapstadt ankommen. Unsere Dicke fliegt übrigens die selbe Strecke: Buenos Aires – Sao Paulo – Johannesburg – Kapstadt.  Allerdings soll sie dafür etwas länger brauchen. Soll sie sich mal etwas ausruhen in der Zwischenzeit. Tut ihr auch mal ganz gut… ;)




Abschied nehmen heißt ja auch, zurück zu blicken. Wunderbare Erlebnisse, Freundschaften und Begegnungen hat uns diese Reise bis hierher beschert. Erlebnisse, so vielfältig, dass weder Aufzählungen noch Ranglisten ihnen wirklich gerecht werden.


Runde 50’000 Kilometer sind wir gefahren. Und unsere Dicke hat sich unterdessen übrigens in die Riege der !00’000Km-Motorräder eingereiht.


Wir werden noch eine Weile brauchen, bis wir den Abschied so richtig realisieren. Noch herrscht die Aufregung vor, und auch ein wenig Angst schwingt mit. Wie immer, wenn etwas Neues ansteht.


Es waren 16 Monate voll von Erfahrungen, Lernprozessen, aufschlussreichen Erkenntnissen über Politik, das Leben, Länder, Kulturen, Vorurteile (eigene und die der Anderen). Über Tiere und Landschaften, über Hausbau und Küche haben wir etwas erfahren. Und nicht zuletzt sind wir reicher geworden an Wissen über uns selbst.


Wir haben geplant und gelebt. Dass das in den seltensten Fällen deckungsgleich ablief, habt Ihr alle mitbekommen. Und dass genau das das Leben ist, auch wenn es manchmal schwer fällt, ist inzwischen unsere feste Überzeugung.


Wir haben festgestellt, dass man Abschied nehmen nicht üben kann. Sondern dass Abschiede, die ja zum Reisen täglich dazugehören, immer einen Schmerz hinterlassen. Wir nehmen die Länder, die Eindrücke und die Menschen mit in unserem Herzen. Was auch nach Wochen oder Monaten bleibt, ist wie eine kleine Narbe oder ein Abdruck, der uns stets daran erinnert, dass da jemand oder etwas war. Und in bestimmten Momenten da sagt dieser kleine Punkt im Herzen, “Hier bin ich!”. Manchmal sieht man klar, was einen an die eine Person oder die andere Situation erinnert. Und manchmal ist man einfach nur verblüfft oder verwundert, dass einem das gerade hier und jetzt einfällt. So sind auch wir selbst immer ein bisschen wie der Weg, den wir gerade gehen: Mal sieht man die Dinge kommen, mal wird man überrascht.


In diesem Sinne: Voller Aufregung, aber auch mit einem guten Maß an Ungewissheit, Zweifeln und vielleicht etwas Angst, machen wir uns auf, einen neuen Kontinent zu entdecken.


Wir freuen uns darauf, Euch dabei mitzunehmen! Auf Wiedersehen in Afrika!



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